Was sind die Anforderungen an eine Urkunde: Übernommen aus https://www.juraforum.de/lexikon/urkunden

Generell versteht sich die Urkunde, das Wort stammt vom Altdeutschen 'urchundi', was Erkenntnis heißt, als eine, oft beglaubigte, schriftlich fixierte Erklärung zu einem gewissen Tatbestand. Urkunden werden im Zivilprozessrecht und im Strafrecht unterschiedlich definiert.

  • Im zivilen Prozessrecht bezeichnet die Urkunde jedwede Äußerung von Gedanken, ganz egal was ihr Zweck ist, in welcher Sprache oder mit welchen Schriftzeichen sie gefertigt ist. Auch die Unterschrift spielt hier keine Rolle. Tatsächlich ist es so, dass eine Unterschrift den rechtlichen Wert des Schriftstückes erheblich erhöht.

    Bestimmungen zur Beweiskraft der privaten und öffentlichen Urkunde sind in den §§ 415 ff. ZPO der Zivilprozessordnung beschrieben. Auch die Unterschrift spielt hier keine Rolle. Tatsächlich ist es so, dass eine Unterschrift den rechtlichen Wert des Schriftstückes erheblich erhöht.

  • Noch einmal anders ist es im Strafrecht. Hier bezeichnet die Urkunde ein Dokument, das bestimmte Voraussetzungen erfüllen muss:

    • Der Aussteller muss klar ersichtlich sein.
    • Die Gedankenerklärung muss derart sein, dass sie zum Beweis einer rechtlichen Tatsache dienlich sein kann.
    • Die Urkunde muss entweder für Eingeweihte oder die Allgemeinheit deutlich verständlich sein.
    • Sie muss bestimmt sein als Beweis zu dienen, dabei spielt es keine Rolle, ob die Bestimmung bereits bei der Ausstellung wirksam wird oder später. Dies wird beispielsweise bei Urkundsdelikten gemäß den §267 ff. StGB von Bedeutung sein.

    Prozessuale Urkunden und die Urkunde im materiellen Sinn

    Die Rechtswissenschaft kennt keine eindeutige, einheitliche Beschreibung für den Begriff der Urkunde. In erster Linie ist also zwischen

    • den prozessualen Urkunden und
    • denen im materiellen Sinne

    zu unterscheiden.

    Die Definition des materiellen Strafrechts beinhaltet die 'verkörperte Gedankenerklärung', im prozessualen Sinne ist die Urkunde ein Beweismittel.

    Die Verkörperung einer Urkunde im materiellen Strafrecht meint, sehr einfach formuliert, die Darstellung eines Umstandes, die Verkörperung einer Gedankenerklärung. Dabei darf die Urkunde nicht flüchtig sein, sie muss eine sogenannte Perpetuierungsfunktion besitzen, will meinen, sie dürfte beispielsweise keine Schrift im Sand sein. Man muss sie als Urkunde visuell wahrnehmen können.

    Das heißt, eine Tonaufnahme wird niemals eine Urkunde sein. Sie muss den Prozess zu beeinflussen vermögen, dies muss auch der Wille des Erklärers sein. Der Aussteller muss klar ersichtlich werden. Dabei genügt, um die sogenannte Garantiefunktion zu erfüllen, dass es möglich ist, aus den äußeren Begleitumständen auf die Existenz des Ausstellers zu schließen.

    Bezeugende und wirkende Urkunden

    Weiter werden

    • bezeugende Urkunden und
    • wirkende Urkunden

    differenziert.

    Bei wirkenden Urkunden ist der zu beweisende Vorgang in der Urkunde inkludiert. Beispiele sind:

    Eine bezeugende Urkunde dagegen beschreibt Wahrnehmungen der Behörden, die Wahrnehmung einer Person des öffentlichen Glaubens oder die eigene Ansicht des Ausstellers. Beispiel sind hier:

    • der Wechselprotest oder
    • die Niederschrift einer Sitzung.

    Private vs. öffentiche Urkunde und ihre Beweiskraft

    Öffentliche Urkunde (© U. J. Alexander – stock.adobe.com)
    Öffentliche Urkunde (© U. J. Alexander – stock.adobe.com)

    In der Bundesrepublik Deutschland unterscheidet die Gerichtsbarkeit bei der Beweiskraft der Urkunde zwischen

    • der Privaturkunde und
    • der öffentlichen Urkunde.

    Öffentliche Urkunden bedürfen der Beurkundung. Das wird eine öffentliche Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Amtsbefugnisse tun. Doch auch ein Notar, Gerichtsvollzieher, Konsul, also eine mit öffentlichem Glauben versehene Person, kann die Beurkundung durchführen. Öffentliche Urkunden begründen vollen Beweis des beurkundeten Vorganges.

    Die Beweiskraft von Privaturkunden erstreckt sich gemäß § 416 ZPO darauf, dass die in der Urkunde enthaltenen Erklärungen von dem Aussteller der Urkunde abgegeben wurden - sofern sie von ihm unterschrieben oder notariell beglaubigt sind.

    Stammt die 'verkörperte Gedankenerklärung' aus dem Geist, den Gedanken des Ausstellers, der sie also errichtet hat, wird die Urkunde als echt betrachtet. Ist der Aussteller dagegen nicht diejenige Person, die in der Urkunde als Aussteller angegeben ist, wird sie falsch sein.

    In der Bundesreplik Deutschland werden Urkunden nach dem § 437 ZPO ihre Echtheit in sich selbst beweisen. Handelt es sich dagegen um eine ausländische Urkunde, dann muss sie durch einen Konsul des Bundes legalisiert werden, regelmäßig aber wird das Gericht anhand des Einzelfalls urteilen. Ist eine ausländische Urkunde legalisiert, wird sie einer inländischen Urkunde ebenbürtig.

    Inhaltliche Wahrheit einer Urkunde

    Neben der Tatsache, dass eine Urkunde von Gesetzes wegen den Beweis ihrer Echtheit in sich selbst trägt, wird sie gemäß § 415 ZPO auch die Wahrheit des Inhalts umfassen, das allerdings in bestimmten Grenzen. Denn es besteht lediglich formelle Beweiskraft, lediglich die Tatsache der Richtigkeit der Beurkundung ist bestätigt. Will meinen, die Urkunde wurde abgegeben zu einem bestimmten Zeitpunkt an einer gewissen Örtlichkeit mit einem spezifischen Inhalt.

    Was nun die tatsächliche, materielle Beweiskraft des Dokuments angeht, darüber hat das Gericht nach geltender Rechtsprechung zu entscheiden. Regelmäßig wird eine Urkunde nur dann ihre volle Beweiskraft entfalten, wenn die Behörde selbst oder eine Urkundsperson das Zeugnis anerkennen. Diese wichtige Funktion der Urkunde mit ihrer formellen Beweiskraft findet sich beschrieben in § 418 ZPO.

    Abgrenzungen

    Eine Urkunde wird niemals eine technische Aufzeichnung oder ein Augenscheinsobjekt sein. Während die technische Aufzeichnung von einer Maschine in einem selbständigen maschinellen Vorgang erstellt wird, somit keinen Aussteller haben kann, verkörpert ein Augenscheinsobjekt keine Erklärung, kann deswegen keine Urkunde sein.

    Ein Beispiel für ein Augenscheinsobjekt mag das Foto im Personalausweis sein. So ist der Personalausweis eine zusammengesetzte Urkunde, eine Urkunde, die fest verbunden mit einem Augenscheinsobjekt ist. Beweiszeichen sind beweiskräftige Erklärungen des Ausstellers. Sie sind jedoch auf Symbolik reduziert.

    Ein Beispiel mag das Preisetikett sein. Davon zu unterscheiden sind Unterscheidungszeichen und Kennzeichen. Beispiel kann hier sein die Garderobenmarke. Als Gesamturkunde versteht sich die Zusammenfassung diverser Einzelurkunden zu einer neuen 'Verkörperung eines Gedankens', einer Gedankenerklärung. Werden Ausfertigungen erstellt, auch Durchschriften, gelten diese ebenfalls als Urkunde. Nicht aber bloße Kopien oder Abschriften, dies sind weiter bloße Augenscheinsobjekte.

    Kurze Historie der Urkunden

    Die ersten Urkunden stammen wohl aus der Zeit der Sumerer, weiter mit den Papyri der Ägypter und die römische Antike kannte natürlich ebenso Urkunden. Sie bevorzugten für wichtige Dokumente ein sinnreiches System. Der ausführliche Text der Urkunde auf Papyrus im Inneren eines versiegelten Behältnisses, auf dem der Text  der Urkunde, meist leicht gekürzt, noch einmal wiedergegeben wurde. So konnte man sich jederzeit durch das Öffnen des Siegels von der Richtigkeit der Urkunde überzeugen.

    Urkunden aus früher Neuzeit und Mittelalter sind unschätzbar wertvolle Quellen für alle möglichen Wissenschaften. Ein Original nennt man Autograph oder auch Authenticum. Ein Urkundenentwurf ist das Konzept. Abschriften und auch beglaubigte Abschriften nennt man sekundäre Stücke.

    Ob eine beglaubigte Abschrift einem Original rechtlich gleichzustellen ist, bleibt eine Streitfrage. Beglaubigt wurden die Urkunden in Mitteleuropa im Mittelalter, jedoch auch bereits in der frühen Neuzeit, etwa ab dem 12. Jahrhundert nach Christi durch Besiegelung.

    Der Süden Europas, mit ihm die Päpste aber auch merowingische Könige, bevorzugten die persönliche Unterschrift auf einem Dokument. Weiter hatten Urkunden damals schon, im besonderen Ausmaße, bestimmte Formen einzuhalten. So gab es beispielsweise eine ellenlange Vorschrift, wie eine sogenannte 'Kaiserurkunde' gestaltet sein musste.

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